Jahreskreisfest: Lughnasadh / Lammas / Schnitterinnenfest
Das Thema des Jahreskreisfestes, das traditionell Anfang August gefeiert wird, ist die „Eröffnung der Erntesaison“. Die Betonung liegt hier ganz explizit auf „Eröffnung“, denn eine Eröffnung hat eine andere Energie als ein Abschluss. Eine Eröffnung kommt mit einer freudigen Energie, mit Erwartungen, vielleicht auch Ängsten, dass alles gut geht. Sie fungiert auf einer energetischen Ebene wie ein Tor, ein Portal, dass den Auftakt für eine hoffentlich erfolgreiche Saison bringt.
Lughnasadh wurde nach dem irischen Gott Lugh benannt und es ist kurioserweise keineswegs so offensichtlich, warum er der Namensgeber eines der wichtigsten Sonnenfeste ist. Denn obwohl er manchmal aufgrund seiner strahlenden Persönlichkeit, seines herausragenden Talents und seiner vielfältigen Fähigkeiten mit der Sonne verglichen wird, ist er kein Sonnengott im traditionellen Sinne. Vielmehr ist er ein Gott aller Künste und der Geschicklichkeit, sowie Schutzpatron aller menschlichen Fähigkeiten. Doch wenn wir uns die Überlieferungen genau unter die Lupe nehmen, dann sehen wir, dass das Fest, auch wenn es seinen Namen trägt, nicht von Lugh handelt, sondern von Lugh kreiirt wurde, um seine Ziehmutter Tailtiu zu ehren, die an Erschöpfung starb, nachdem sie die Ebenen Irlands für die Landwirtschaft gerodet hatte und die somit Charakteristiken einer Erdgöttin aufweist. In dieser Symbolik sehen wir einen starken Opfercharakter, welche die Erdgöttin für ihre Menschenkinder bringt, um diese zu ernähren. Wenn wir bedenken, dass die damaligen Menschen die Natur als belebt wahrnahmen, dann können wir uns gut vorstellen, dass ihnen das Opfer, das Mutter Erde erbringt, sicherlich bewusst war und es somit Teil der Feierlichkeiten war, sie dafür zu ehren. Denn genau das bedeutet Lughnasadh „die Gedenkfeier von Lugh“. Ein anderes Beispiel, das dafür spricht ist, dass das Fest in der Erzählung Tochmarc Emire als „Bron Trogain, die trauernde Erde im Herbst“ bezeichnet wird. „Bron“ bedeutet „Zorn“, aber es ist nicht ganz klar, was „Trogain“ bedeutet und wem dieser Zorn gilt. Doch vielleicht ist es die Erde selbst, die zornig sein könnte, für den Tod, den sie sterben muss, damit ihre Kinder leben können. Diese Angst vor einem möglichen „Zorn von Mutter Erde“ spiegelt sich meines Erachtens auch in manchen Bräuchen um die letzte Weizengarbe wider, wo man sich mancherorts fürchtete, diese letzten Ähren zu ernten und diese lieber stehen liess. Das Fest Lughnasadh hat also durchaus zwei Seiten. Eine freudige und heitere, wo es darum geht zusammenzukommen um gemeinsam den Beginn der Ernte zu feiern und das Gedenken an Mutter Erde, für Tod, den sie sterben muss.
Auch wenn Lugh kein klassischer Sonnengott ist, ist er dennoch prädestiniert um die Schirmherrschaft für diese wichtige Saison zu übernehmen, denn er ist nicht nur äußert geschickt und talentiert in allen möglichen Handwerkskünsten, er verfügt auch über das Geheimwissen, wann der beste Zeitpunkt fürs pflügen, säen und ernten ist. Somit steht er den Menschen nah. Er kennt ihre Bedürfnisse und Ängste und setzt seine Fähigkeiten für das Gemeinwohl ein, auf dass es eine erfolgreiche Erntesaison wird und weise wie er ist, tut er dies nicht, ohne vorher seiner Ziehmutter für ihre Gaben zu gedenken.
Ein anderer Name für das Fest der ersten Ernte ist Lammas. Der Begriff Lammas stammt aus dem Altenglischen und ist eine Verkürzung von “Loaf-mass”, was übersetzt “Brotmesse” bedeutet. Die christlichen Angelsachsen feierten dieses Fest am 1. August. Somit bezeichnet Lammas eigentlich einen christlichen Feiertag, an dem das Brot, welches aus der ersten Ernte gebacken wurde, in der Kirche gesegnet wurde. Lughnasadh, bzw. Lammas wird traditionell am 1. August oder an einem Sonntag gefeiert, der an dieses Datum grenzt.
Wie können wir also dieses Fest am besten begehen? Ich denke, Achtsamkeit ist eine wunderbare Energie die in dieses Fest mit einfliessen darf, indem wir die Erntegaben nicht als Selbstverständlich ansehen, sondern diese bewusst an uns nehmen und Mutter Erde für ihr großzügiges Opfer danken. Ein Brauch der irischen Landbevölkerung war, so wie er von der Journalistin und Folkloristin Máire MacNeill aufgezeichnet wurde, dass zeremonielle Schneiden des ersten Korns, das dann als Opfer auf einem Hügel dargebracht und vergraben wurde. Auch könnt ihr ein kleines Kornpüppchen erstellen, das Mutter Erde repräsentiert und dieses auf euren Altar stellen (siehe Video unten). In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein wunderbares Lughnasadh Fest!